
GASTBEITRAG VON PROF. DR. ERNST STRUCK
Ernst Struck ist Inhaber des Lehrstuhls für Antropogeographie der Universität Passau und beschäftigt sich unter anderem mit Stadt- und Bevölkerungsgeographie. Hier spielen auch die Mobilität der Menschen und die Lösung der zukünftigen Mobilitätsprobleme, die aufgrund des Bevölkerungswachstums entstehen, eine immer größere Rolle.
Deutschland war ein Vorbild für ein mobiles Lebensgefühl, in dessen Mittelpunkt die Entwicklung des Autos stand. Nach wie vor werden hier großartige Fahrzeuge entwickelt – an denen man aber in Deutschland immer weniger Freude hat.
Fahrerinnen und Fahrer von SUVs und Geländewagen haben vielleicht Spaß an holprigen Verkehrswegen, auf denen Löcher und Blow ups an Geländefahrten erinnern lassen, die übrigen Verkehrsteilnehmer haben aber große Probleme damit. Die Politik hat nun dieses Defizit erkannt: Marode Brücken sind nur noch eingeschränkt befahrbar und müssen wohl demnächst gesperrt werden; auf langen Autobahnabschnitten sind aus Sicherheitsgründen Geschwindigkeitsbeschränkung vorgeschrieben – die Diskussion um eine generelle Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen, hauptsächlich vom Umweltschutz gefordert, ist überflüssig geworden. Immer mehr virulente Schäden und mehr Baustellen erzeugen Staus.
Erkannt wurde, dass man in der Vergangenheit zu zurückhaltend bei der Instandhaltung der öffentlichen Verkehrswege war und wir nun vor einem gewaltigen Finanzierungsproblem stehen. Die LKW-Maut (2005-06) sollte, da die schweren Fahrzeuge auch die größte Abnutzung verursachen, hierzu ausreichende Mittel erbringen. Der Bund senkte aber gleichzeitig die für die Straße vorgesehenen Steuermittel um den erwarteten Mautertrag ab. Es kam damit nicht zu einem Anwachsen der Mittel im Bundesfernstraßenbau sondern zum jetzt bekannten Investitionsstau.
Die Investitionen in den Straßenbau sollen durch eine Erweiterung der Maut ermöglicht werden, worum politisch heftig gekämpft und worüber ebenso heftig in der Öffentlichkeit diskutiert wird: zuerst ganz populistisch allein für ausländische Autos auf den Autobahnen – nun jedoch, so steht es inzwischen wohl fest, wird sie für alle in- und ausländischen Benutzer und sogar auf allen Straßen geplant, selbstverständlich mit dem Ziel, den Investitionsstau zu beheben.
Bei der Autobahnmaut für LKWs setzte man ganz auf das Know How des deutschen HighTech- Standortes und installierte ein technisch wegweisendes, satellitengestütztes Bezahlsystem (Toll Collect). Nun „entwickelt“ man Einfachlösungen: eine deutsche Vignette, die per Augenkontakt kontrolliert werden wird. Ob diese Einnahmen dann tatsächlich ausschließlich für die Instandhaltung des Straßennetzes eingesetzt werden, sollte dieses Mal besser abgesichert werden.
Unsere innovative Automobilindustrie ist noch weltweit führend, jedoch setzt China alles daran, bei Technologien für Elektro- und Hybridfahrzeuge die Führung zu übernehmen. Dort werden bei neuester Verkehrsinfrastruktur und höchster Verkehrsdichte in den vielen Megacities und Mega-Regionen die neuesten Verkehrsmanagementtechniken zum Einsatz kommen (müssen). Auch in China werden zur Finanzierung bestimmte Verkehrswege kostenpflichtig sein, wohl dann ebenfalls mit einem satellitengestützten Bezahlsystem. Deutschland hat hier tatsächlich noch seinen Technikvorsprung gezeigt, dagegen werden bei uns wegen maroder Straßen die Voraussetzungen für automatisches Fahren und innovativem Verkehrsmanagement, auch jenseits der Autobahnen, kaum gegeben sein – hier wird man auch mit neuesten Autos wohl noch lange Zeit im Stau stehen müssen.
Den ersten Gastartikel von Prof. Dr. Ernst Struck zum Thema Stau könnt ihr hier lesen, den zweiten Teil hingegen hier.
Wikipedia Prof. Dr. Ernst Struck
Webseite Philiosophische Fakultät der Universität Passau
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