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Fahrbericht: 76er Ford Granada Ghia 2.6 – Er hat den Groove und bekommt die Mädels

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Ford Granada Ghia  2.6 1976: Teaser

Vergessen wir doch mal die ganze schöne neue Autofahrwelt mit den technischen Raffinessen, Entwicklungen und Evolutionen. Strich durch und ausradieren. Gehen wir mal zurück. Wollt ihr mitkommen?
So landen wir im Wohnzimmer: Gediegen, bequem, hell. Doch irgendetwas passt hier gerade nicht so recht hin. Ein Motorgeräusch. Ein V6, der ordentlich nach V8 klingt und gemächlich holternd seine Kolben in die Zylinder schiebt. Also doch kein Wohnzimmer, eher etwas ähnliches. Ein Ford Granada.

Ford Granada Ghia  2.6 1976: Armaturenbrett Beifahrer Logo

Die sexuelle Anspielung gerade eben – falls sie euch nicht entgangen ist und ihr an der Stelle schon leise gekichert habt – war übrigens Absicht.

Würde doch dieser Motor jede Frau mit seinem starken, leicht ungleichmäßigen Lauf im Standgas zum Höhepunkt bringen.

Er weiss wie’s geht. Und er weiss, dass es nicht um Tempo – sprich Drehzahl – geht. Es geht um’s Feeling. Und das an 6 Stellen gleichzeitig. Wenn das mal nicht Gruppensex der anderen Art ist. Männer: Vom Granada kann man echt was lernen.

Ford Granada Ghia  2.6 1976: Innenraum Besitzer fährt

Es ist schon faszinierend, wie einst vollkommen biedere und als langweilig verschrieene Autos plötzlich “in” sind und ansprechend wirken. “Youngtimer” nennt man das heutzutage und jeder, der wirklich Style hat, greift auf einen solchen zurück. Im Fall des Granada handelt es sich allerdings bereits um einen Oldtimer. Ich weiss – wenn man selbst auch älter wird ist es schwierig im Hinterkopf zu behalten, dass ab einem gewissen Punkt Youngtimer zu Oldtimer werden. Dabei ist der Granada besonders hier in Köln natürlich nochmal eine ganz andere Nummer. Hier wurde er im Ford-Werk hergestellt und jeder Kölner etwas älteren Jahrgangs verbindet etwas mit diesem Stück Automobil. Entsprechend positiv ist die Wirkung des Granada auf sein Kölner Umfeld. Also, wenn die Vorbeifahrt an Passanten nicht im Normalfall ihren Tag um 2 bis 3 Stufen heller werden lässt, weiss ich auch nicht mehr. Nur Lächeln, Zustimmung und freundliche Menschen. Ist doch schön zu sehen, dass ein Stück Technik – oder nennen wir es genauer – ein Auto eine solche Wirkung haben kann, oder? Natürlich steigert es auch das eigene Wohlbefinden: Heute schon eine gute Tat vollbracht? Nein? Dann auf mit dem Granada. Bei jeder Person, die hinsieht, hört man ein lautes “Pling!” und ein tagesaktueller Gute-Taten-Zähler schnellt um eine Nummer nach oben.

Ford Granada Ghia  2.6 1976: Front Froschperspektive dynamisch Ford Granada Ghia  2.6 1976: Seite Alufelgen Detailaufnahme

Mir persönlich gefällt der Granada nicht so sehr, ich bin da mehr für den 1970er Ford Taunus TC. Aber das bezieht sich größtenteils auf Außen. Und von außen nimmt man beim Granada zu allererst den filigranen Chrom-Türgriff in die Hand und öffnet die Tür. Beim schließen fällt sie mit einem metallischen Geräusch ins Schloss.

Kein dumpfes “plop” wie man es von modernen Autos kennt.

Diese Vergleiche sind sowieso immer wieder beeindruckend. So sind die Türen nur wenige Zentimeter dick, die A-, B- und C-Säulen dünner als Keira Knightley’s Beine und die Heckscheibe fast genauso groß wie die Frontscheibe. Einen solch fast schon vulgären, offenen Überblick über das Geschehen um einen herum hat man bei keinem modernen Auto.

Ford Granada Ghia  2.6 1976: Heck mit Anhängerkupplung vor Severinsbrücke

Ich umfasse den spindeldürren Lenkradkranz mit meinen Händen und orientiere mich erstmal. Rechten Rückspiegel (Sonderausstattung) durch den Beifahrer einstellen lassen. Dazu greift er einfach an den Spiegel. Fahrerseite gibt’s schon den Hebel innen. Per Dreh am Zündschlüssel und leichter Gasbeimischung erwacht der Motor ohne Umschweife zum Leben und erzählt erstmal brabbelnd all das, was er in den letzten 30 Jahren erlebt hat.

Die Fahrt in der Kölner Innenstadt hat Suchtpotential. Bei jedem Blick auf den Tacho wundere ich mich, gerade mal knapp über 40-45 zu fahren. Irgendwie zwingt einen nichts zur Eile. Ich suche nicht wie sonst Anschluss an die Stoßstange des vorausfahrenden Fahrzeugs (ich habe sonst immer diesen Drang zu große Lücken zu schließen).

Und so durchqueren wir relaxed Köln. Ford hat also damals das Cruisen nach Deutschland gebracht.

Jedenfalls ist der Gedanke, dass man schnell von A nach B kommen möchte, im Granada ziemlich fern. “Ach, vielleicht wenn wir hier links abbiegen, dann nochmal links, danach nochmal links.. huch, wir sind wieder am Ausgangspunkt?” Der Granada lädt so zum Spielen ein. Einfach die Straßen zu patroullieren, mehr Fußgänger als nötig am Zebrastreifen durchzuwinken und überhaupt die Leichtigkeit des Seins zu genießen, das sind Tätigkeiten, mit denen man sich die Zeit vertreibt. Ein Auto kann also doch den Ausgleich zum harten, stressigen Arbeitsleben darstellen ohne dass man sich mit großer Anspannung über eine Rennstrecke schießen muss.

Je näher wir unserem Zielort kommen, desto mehr bemühe ich mich bleibende Eindrücke vom Granny zu sammeln. Wie ich weich gebettet am Steuer sitze – ohne dass die sonst bei diesen Jahrgängen spürbare “Überweichheit” oder gar die Federn im Sitzkissen zu spüren wären – und wie die Automatik nach bester “hach, einer von den drei Gängen wird schon passen”-Manier die Gänge sortiert. Wie irgendwie alles am Auto in der untergehenden Sonne blitzt und reflektiert und überhaupt: Wie schön das Leben doch eigentlich ist. Ich parke den Granada und steige aus, umarme den Granada-Besitzer zum Abschied.

Was ich gerade gefahren bin, ist nicht nur ein waschechten Kölner, sondern auch der beste Freund, wenn man auf der Suche nach einem Date ist – glaubt mir.

Der von mir gefahrene Granada ist Baujahr 1976, ein Ghia 2.3 Automatic. Mitte der 80er wurde der 108PS leistende Motor gegen den größeren 2.6 Liter Motor mit 126PS getauscht. Die Neulackierung erfolgte im ursprünglichen Auslieferungs-Farbton Arizonagold.

Extras: Velours, 3-Gang Automatik, Holzverblendung, Drehzahlmesser, Walzenuhr, Kopstützen vorne, zweiter Außenspiegel, Chrompaket, Nebellampen, Servolenkung, Schiebedach.

FahrzeugFord Granada Ghia 2.6 Baujahr 1976
Motor2550cm³ 6-Zylinder Benzinmotor Bleiersatz, Doppelfallstromvergaser Solex
AntriebHeckantrieb, Einzelradaufhängung
Leistung/Drehmoment125PS (92kW) / 201Nm
Beschleunigung 0-100 km/h12,2sec
Höchstgeschwindigkeit Vmax175 km/h
Getriebe3-Gang, C3 Automatikgetriebe
Türen/Sitze4/5
Verbrauch kombiniert16,9l/100km
Preis Testfahrzeug22.290 DM
Sonderausstattungen6Jx14 Ronal Alufelgen, grün getönte Scheiben, 2er Außenspiegel, Komplettvelour, Hohlflor Teppich,digitale Walzenuhr, Drehzahlmesser, elektrische Antenne, Radio, Überblendregler, AHK…

Ford Granada Ghia  2.6 1976: Vorderer Kotflügel und Seitenspiegel mit Severinsbrücke im Hintergrund Ford Granada Ghia  2.6 1976: Front 3/4 Darstellung vor Kölner Dom Ford Granada Ghia  2.6 1976: Lenkrad und Armaturenbrett mir Fahrer am Steuer

 

 

Ford Granada Ghia  2.6 1976: Front Kühlergrill und Scheinwerfer Nahaufnahme Ford Granada Ghia  2.6 1976: Front Kühlergrill Emblem, Logo Ford Granada Ghia  2.6 1976: Innenraum Nahaufnahme Walzenuhr Ford Granada Ghia  2.6 1976: Innenraum Nahaufnahme FM-Radio Analog Ford Granada Ghia  2.6 1976: Nahaufnahme Fahrertür Türgriff Chrom Ford Granada Ghia  2.6 1976: Motorraum V6 Motor Ford Granada Ghia  2.6 1976: Weitwinkel Granada vor Rhein und Severinsbrücke Ford Granada Ghia  2.6 1976: Fahrer im Auto, von Aussen Ford Granada Ghia  2.6 1976: Aussenaufnahme, Fahrt durch Stadt, Ehrenstrasse Köln

 

 

 

 

 

 

 


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